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Information

Dauer
120 Minuten
Bühne
Kammer I  

Beschreibung

Die Geschichte der Menschheit ist ein Haufen ungeordnetes Material. Wie kommt man ihr bei, wenn die Handlungen unserer Zeit durch alte (oft der Literatur entlehnte) Motive nicht mehr erklärbar sind – fragt sich der junge Brecht. In seinem Stück soll es daher um einen Kampf gehen. Aber nicht um einen Kampf wie in den alten Tragödien oder auf den Schlachtfeldern, sondern um einen Kampf, nur des Spaßes an der Sache willen, getrieben von der Leidenschaft für den Sport, einen „metaphysischen“ Kampf. Aber ist so ein Kampf überhaupt zu gewinnen? Oder gibt es am Ende nur mehr Verlierer als zuvor? Entstanden ist ein inkohärentes Stück, eine Herausforderung, in „der sich der Philosoph besser zurechtfinden wird als der Psychologe.“ Die beiden Protagonisten, der Holzhändler Shlink und sein Gegenüber George Garga, Angestellter einer Leihbücherei, beginnen einen Kampf. Warum? Keine Ahnung. Wie er endet? Mit dem wohl schönsten Satz Brechts: „Allein sein ist eine gute Sache. Das Chaos ist aufgebraucht. Es war eine gute Zeit.“ Was dazwischen passiert? Beide setzen alles aufs Spiel: Beruf, Reputation, Haus, Familie, Freunde, die Liebe und letztendlich das Leben. Dass der Kampf nicht einer gegen den anderen ist, sondern einer gegen die unendliche Vereinzelung des Menschen, gegen die Lebensrealität in der Großstadt, ja gegen die unendliche schicksalhafte Einsamkeit, merken die Protagonisten zu spät – und passen damit leider überraschend gut in unsere Gegenwart.


Nach seiner zum Berliner Theatertreffen eingeladenen Arbeit „Trommeln in der Nacht“ stellt sich Christopher Rüping wieder dem Frühwerk des Autors Bertolt Brecht.

Kritiken

Bild eines*r Kritikers*in

Max
Kuhlmann

qooz - aus dem Leben

Es geht uns ja eigentlich täglich um einen Kampf – den Kampf gegen große und kleine Widrigkeiten, den täglichen Kampf der Selbstbehauptung.

(...)
Und jeder kämpft irgendwie um Liebe, ohne zum Ziel zu gelangen, ohne auch zur Liebe fähig zu sein, ohne auf Gegenliebe zu stoßen … Schwerpunkt dieser Inszenierung: Liebe und Anerkennung, nicht – wie eher bei Brecht – Soziales. Ich habe das Stück erst im Nachhinein gelesen und werde mir die Aufführung ein weiteres Mal ansehen. Erst dann, glaube ich, kann ich mehr beurteilen. Erst dann werde ich mehr darüber schreiben können.
Es wird sich empfehlen, Bertolt Brechts Stück „Im Dickicht der Städte „ vorab gelesen zu haben, auch wenn Brecht einen wohl anderen Schwerpunkt im Auge hatte. Und auch, wenn es schwer fallen wird, Brechts Originalstück zu verstehen.
Sehen kann man diese Inszenierung im März an vier Terminen. Ein Theaterabend fürs irgendwie freie Theater, nicht klassisch, nicht umwerfend. Vielleicht auch an Bertolt Brechts Original vorbei. Aber es heißt ja auch: „Im Dickicht der Städte“ NACH Bertolt Brecht. Es hätte auch heißen können: „Im Dickicht der Städte HEUTE“

Max Kuhlmann   // qooz - aus dem Leben

Langweilig wird einem nie in diesem Münchner „Dickicht der Städte“ was sicherlich auch daran liegt, dass man das Gefühl hat, auf der Bühne nicht Figuren, sondern fünf Spielern, fünf Menschen dabei zuzuschauen, wie sie eben gerade nicht dick- sondern dünnhäutiger werden. [...] Und so wird Brechts im Grunde ziemlich krudes Stück in dieser neuen Inszenierung von Christopher Rüping spielerisch zum Spiegel eines sehr zeitgenössischen Gefühls

   // br

Der Regisseur und sein Ensemble laden die Inszenierung mit Mehrdeutigkeit und Poesie auf - und zeigen dennoch, wie viel der Stoff mit uns zu tun hat. (...)
Die Rollen wechseln ständig zwischen den fünf Schauspielerinnen und Schauspielern. Dabei verliert das Ensemble, das harmoniert und mit enormer Spiellust überzeugt, allerdings nie den Erzählfaden, der virtuose Kampf, Komik und Klarheit in der Aussage verwebt.

   // Münchner Merkur

Es entspinnt sich ein Kampf mit vollem Einsatz, bei dem die Kontrahenten alles aufs Spiel setzen, was sie haben. Christopher Rüping interessiert sich dabei vor allem für die Ambivalenz dieses Kampfes. Einerseits geht es darum, den Gegner nieder zu ringen. Andererseits ist es auch ein Ringen um Nähe.
(...)
Bühnenbildner Jonathan Mertz hat die Spielfläche mit Rollkisten vollgestellt, aus denen nach und nach Requisiten und Kulissenteile zum Vorschein kommen. Versatzstücke einer fragmentierten Welt, die kein geschlossenes Bild mehr abgibt. Die Schauspielerinnen und Schauspieler sprechen, ihrer unterschiedlichen Herkunft gemäß, Deutsch, Englisch, Arabisch und Serbisch. Die Mehrsprachigkeit hat etwas erfreulich Selbstverständliches. Fast wie nebenbei gelingt Rüping damit eine Ausweitung der Kampfzone ins Globale. Dass Frauen bei ihm (nicht durchgängig, aber teils) Männer spielen und umgekehrt, und dass die Rollen munter durchgetauscht werden (es gibt nicht nur einen Shlink und auch nicht nur einen Garga), betont zudem das Universelle dieses Kampfes.

   // Deutschlandfunk Kultur

Die „unendliche Vereinzelung des Menschen“ und das komisch tragische Chaos zwischenmenschlicher Beziehungen zeigt Christopher Rüping an den Kammerspielen. Sein dramatisches Kräftemessen nach Bertolt Brechts „Im Dickicht der Städte“ durchspielt Variationen gegen die Einsamkeit – die in Enttäuschung enden.

   // FAZ

Die fünf Darsteller spielen ihre Stärken vielschichtig aus. Julia Riedler wirkt hinter ihrer Rotzigkeit empfindsam. Gro Swantje Kohlhof lässt immer wieder einen naiven Idealismus aufblitzen. Majd Feddah trumpft hart-männlich auf, bleibt aber doch ein weicher Teddybär, Christian Löber bringt als Marie eine nervöse Verhuschtheit mit, die ein wenig an Edgar Selge erinnert. Jelena Kuljić steht androgyn zwischen den polaren Geschlechtern, die in dieser Aufführung beudetungslos werden, weil es doch nur Zwischenstufen gibt.

   // AZ

Mit „Im Dickicht der Städte“ folgt Rüping seinem vorrangigen Interesse an der Vergemeinschaftung von Menschen wie in keiner seiner früheren Arbeiten. Auf der Bühne artikulieren die Schauspieler ihre Ängste, Lampenfieber zum Beispiel. Das Publikum soll ihnen ebenbürtig sein als Co-Akteure, Komplizen, Mittäter, Mitläufer.

   // NZZ

„Nur der Kampf bringt uns zusammen“, ruft Riedler und läutet die erste Runde ein. Sie ist eine Meisterin des Brückenschlags zwischen Bühne und Zuschauerraum. Es ist immer wieder ein Ereignis, ihre Maske der Selbstsichherheit binnen Sekunden zerbrechen zu sehen, wenn erst sie selbst als Julia Riedler, die von der Publikums- zur Selbstanalyse übergegangen ist, und dann der Holzhändler Shlink, den sie spielt, ihre Verletzlichkeit nach außen kehren. Der Abend hat einige derart wunderbare Momente, und alle haben sie mit den Schauspielern zu tun.

   // taz

Bewertungen

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