Das Erbe

Eine Assoziation zum NSU von Olga Bach, Ersan Mondtag und Florian Seufert  

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Culture on Demand 
Kammer II  

Information

Dauer
90 Minuten
Weitere Sprache (an bestimmten Terminen)
Englisch
Übertitel in
Englisch
Bühne
Kammer II  

Beschreibung

Während die Türen des Theaters geschlossen bleiben müssen, stellen die Münchner Kammerspiele hier jeden Tag den internen Mitschnitt einer Inszenierung aus dem Spielplan online. Theater für zu Hause.

Am 06. April ab 18 Uhr zeigen die Münchner Kammerspiele „Das Erbe“. Ihr könnt Euch die Produktion im hier eingebetteten Video ansehen oder direkt auf der Seite der Münchner Kammerspiele:

Inhalt
„Sei gerecht“ (Franz Kafka, In der Strafkolonie) – Seit nunmehr vier Jahren werden am Oberlandesgericht München die Morde der rechtsextremen Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ verhandelt. Noch ohne einen Abschluss. Doch auch wenn dieser tatsächlich einmal erfolgen sollte: Könnte die Verurteilung der Schuldigen eine Art kathartische Reinigung der Gesellschaft herbeiführen? Weisen die zahllosen, ihre Deutung erwartenden Indizien nicht vielmehr darauf hin, dass der Prozess selbst nur ein Detail in den wild wuchernden Verstrickungen einer eben nicht abschließend zuzuordnenden Schuld ist?

„Das Erbe“ assoziiert ausgehend von diesem Thema der Schuld eine Gemeinschaft, die der Gegenwart entfremdet ist und die alle Antworten immer in der Vergangenheit sucht. In Olga Bachs Text verständigt sich diese Gemeinschaft ausschließlich über ihr gemeinsames kulturelles Erbe, über das Archiv der deutschen Kulturgeschichte. Muss dieses Erbe gewaltsam geopfert werden für die Möglichkeit eines neuen Anfangs? Der Regisseur Ersan Mondtag, mit den Inszenierungen „Tyrannis“ und „Die Vernichtung“ (ebenfalls ein Text von Olga Bach) zuletzt zweimal in Folge zum Berliner Theatertreffen eingeladen, lässt in „Das Erbe“ mit düster-romantischer Bildgewalt die Vergangenheit zur Zukunft werden. „Die Schuld ist immer zweifellos“.

Kritiken

Zombies, wummernde Sounds, eine nackte Beate Zschäpe als personifizierte Schuld - Ersan Mondtag inszeniert an den Münchner Kammerspielen sein Theaterstück "Das Erbe". Mit diesem gewaltigen Bühnenkunstwerk macht Mondtag seinem Regieruf als eigenwilliger Shooting-Star alle Ehre.

Ersan Mondtag schafft Bühnenkunstwerke. Und er liebt die Überforderung.

Im Grunde ist dieser Bühnenrausch reine Philosophie, spekulativ und sehr klug. Die Frage, wer das Böse gebiert, legt sich über historische Massenmörder, DDR, Diktatur, Nazizeit. Mondtag geht da auf in jener Haltung, die man seit geraumer Zeit Dystopie nennt, völlige Desillusion, trotz seines schrägen Humors. Man erfährt beispielsweise viel über die Herstellung von Döner-Spießen, ohne dass konkret die Morde an Dönerbudenbesitzern erwähnt werden, für die der NSU verantwortlich gemacht wird.

Aber die Radikalität, mit der Mondtag hier in erstaunlichen Bildern und Tönen die eigene Verantwortung für ein Scheitern der Kunst an der Realität übernimmt, ist beeindruckend und macht ihn zu den interessanteren Figuren in der gegenwärtigen Theaterlandschaft.

Was Rainer Casper da als Bühne gebaut hat, könnte eine riesige Weltbibliothek sein, in der alles zu finden ist, was die Menschheit in Jahrtausenden gesammelt hat. Die Schönheit der Kunst und Kultur, aber auch all das Grauen der Weltgeschichte.

Und so stellt dieses "Erbe" letztlich die Frage: Was machen wir mit der Schuld? Projizieren wir sie tatsächlich in nur eine Figur hinein, wie wir das gerade mit dem NSU Prozess tun, oder bekennen wir uns zu unserer Verantwortung?
Und was passiert, wenn wir verdrängen? Das Erbe von Olga Bach, Ersan Mondtag und einem grandiosen Team auf und hinter der Bühne der Münchner Kammerspiele gibt darauf eine furios fürchterliche Antwort und endet damit so stark, eindringlich und herausfordernd, wie es begonnen hat.

Bewertungen

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Weitere Hinweise

Hinweise
URAUFFÜHRUNG AM 22. JUNI 2017