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Information

Altersempfehlung
Ab 12 Jahren
Dauer
90 Minuten
Bühne
Residenztheater  

Beschreibung

Die Geschichte ist scheinbar schnell erzählt: Ein Prinz und eine Prinzessin aus benachbarten Königreichen flüchten vor einer arrangierten Ehe, verlieben sich inkognito ineinander und versuchen, mit einer List ihren Lebensweg selbst zu bestimmen – nur um am Schluss festzustellen, dass sie ihrem vorbestimmten Schicksal in die Arme geflüchtet sind. So weit, so klar.

Ein Shakespeare’scher Klamauk könnte das sein, eine Parodie auf Goethes «Werther» und das monarchische System, eine Studie über Jugend und Langeweile. Bei der genaueren Lektüre stellt man aber fest, dass seltsame Lücken, Risse und Leerstellen zwischen den Textzeilen klaffen – und auch die Figuren selbst voller unverfugter Abgründe sind, in die man als Leser*in, Schauspieler*in oder Regisseur ständig hineinfällt und an deren Boden die großen Menschheitsfragen funkeln: wer, weshalb, wohin.

Georg Büchners «Leonce und Lena» beginnt als scheinbar klassische Verwechslungskomödie, endet aber als seltsames Traumspiel über Sinn und Unsinn des Daseins, den Zweifel an der Wirklichkeit und die Sehnsucht, sich in einen Automaten zu verwandeln. Es ist ein Freiflug ins Nichts, voller Traurigkeit und doppeltem Sinn, zwischen dessen Kalauern und Wortspielen sich kristallklare Sätze von unschuldiger Weisheit verstecken.

Hausregisseur Thom Luz macht «Leonce und Lena» zum Ausgangspunkt eines Streifzugs durch Büchners heiter-verzweifelten Kosmos und bahnt sich einen eigenen Weg durch das Spiegellabyrinth zwischen Thron- und Tanzsaal und dem Irrenhaus.

Dem royalen Lustspiel folgen im Lauf der Spielzeit Büchners Dramen um den Proletarier Woyzeck und die französischen Revolutionäre in «Dantons Tod» und führen die Auseinandersetzung mit seinen poetischen Existenzfragen in anderen Milieus und inszenatorischen Handschriften fort.

Kritiken

Bild eines*r Kritikers*in

Theresa
Spielmann

Theatertanten

Besuchte Vorstellung: 7. Dezember 2019

Thom Luz zerpflückt Georg Büchners Drama auf allen Ebenen. Nichts ist so wirklich eindeutig. Der Handlungsstrang wird zerschnitten und scheinbar wahllos und dann doch verständlich wieder zusammengeklebt. Die Figuren können nicht zu hundert Prozent einem Schauspieler zugeordnet werden.

Der eigentliche Inhalt des Dramas wird nur peripher behandelt. Es ist ja auch keine besonders einzigartige oder komplizierte Geschichte, die dem Drama zugrunde liegt. Liebe, Verwechslung, Tragödie in königlichem Hause – ein klassischer Plot alla Shakespeare könnte man sagen.

Thom Luz beschäftigt sich mehr mit der Metaebene – dem Text zwischen den Zeilen. Er füllt gedankliche Lücken, die in Büchners Vorlage zugegebener Weise recht groß sind. Der Abend ist auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Diese Suche besteht aus scheinbar unzusammenhängenden Fragmenten, die sich durch verschiedene Merkmale auszeichnen. Das Bewegungsrepertoire der Schauspieler*innen führt in die Abstraktheit des Abends ein. Es sind unverständliche, unnatürliche, beinahe unbeschreiblich merkwürdige Bewegungen und Bewegungsrichtungen, die einen einstimmen auf lange Stille oder kurze laute Szenen, die gerade so durch die Musik ein Ganzes ergeben. Die Musik von Mathias Weibel verbindet die einzelnen Fragmente und gibt den abstrakten Bewegungen und der Sprache eine gemeinsame Grundlage. Durch sie entstehen Stimmungen, die den Zuschauer*innen teils mehr Inhalt vermitteln als gesprochenen Worte und Handlung.

Ein Moment der Inszenierung sticht für mich besonders hervor: Der Zuschauersaal wird komplett abgedunkelt. Sogar die grün leuchtenden Notausgangsschilder werden vom Personal des Residenztheaters mittels schwarzer Bretter verdeckt. Das einzige Licht im Saal wird von einer bzw. zwei Kerzen gespendet. Zwei Kerzen am jeweils anderen Ende der Bühne, die den bespielten Raum eingrenzen. Abwechselnd werden sie, auf musikalische Zeichen hin, angezündet und verdeutlichen somit eine räumliche Distanz sowie die Intimität und Verletzlichkeit hinter den vorgetragenen Texten.
Jede*r, der schonmal im Residenztheater war, weiß wie groß der Bühnenraum ist. Eine einzige Kerze in einem solchen Raum nimmt die Anonymität und Fremdheit aus der Atmosphäre von einer so großen Gruppe an Menschen.

Die Meinung des Publikums war nach Ende des Stücks sichtlich gemischt. Dem Großteil der Zuschauer*innen ist ein Fragezeichen ins Gesicht gemalt, doch es gibt auch begeisterte und jubelnde Stimmen. Ich reihe mich ziemlich mittig in dieses Meinungsbild ein. Zwar bleiben mir die choreographierten und musikalisch arrangierten Momente positiv in Erinnerung, doch fehlt mir Inhalt und Georg Büchners Vorlage, die – wäre sie nicht zu kurz gekommen – einen verständlicheren Rahmen hätte geben können auf der Suche nach dem Sinn.

Theresa Spielmann   // Theatertanten

Bewertungen

Bisher keine Bewertungen

Mitwirkende

Produktionsteam  

Inszenierung
Thomas Luz  
Musikalische Leitung
Mathias Weibel  
Kostüm
Tina Bleuler  
Dramaturgie
Katrin Michaels  

Besetzung  

Darsteller*in
Barbara Melzl  
Darsteller*in
Annalisa Derossi  
Darsteller*in
Elias Eilinghoff  
Darsteller*in
Steffen Höld  
Darsteller*in
Daniele Pintaudi  
Darsteller*in
Lisa Stiegler  

Weitere Hinweise

Hinweise
Übernahme der Inszenierung des Theater Basel
Premiere 07. Dezember 2019