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Information

Altersempfehlung
Ab 4 Jahren
Dauer
50 Minuten
Bühne
Schauburg  

Beschreibung

Drei sehr unterschiedliche Gestalten erwachen in einem Traumwald. Sie suchen ihren Weg, ihren Raum und sich selbst. Abstand scheint geboten, Türen bleiben lieber geschlossen. Doch die Neugier treibt sie schließlich hinaus. Sie entdecken wo Freiheit anfängt und wo sie endet, und auch dem Feind der eigenen Freiheit kommen sie auf die Spur.

Daniel Gol und Laura Marchegiani gründeten 2003 das Theater „Teatrodistinto“ in Mailand, das sowohl Workshops zum emotionalen Ausdruck mit Theatermitteln wie weltweit ausgezeichnete Inszenierungen erarbeitet. Formal spielen die durchkomponierten Vorstellungen zwischen Objekttheater und Schauspiel. Inhaltlich gelingt ihnen mit leichter Hand konkreten Situationen eine gesellschaftspolitische Relevanz zu geben. Mit „Kish Kush. Spuren einer Begegnung“ stellten sie beim Kuckuck-Festival 2019 in München eine frühe Arbeit vor.

Karten nur telefonisch unter 089 233 371-55 oder direkt an der Theaterkasse

Kritiken

Abfärbende Begegnungen

Mit der Uraufführung von "Der Apfelwald" eröffnet die Schauburg ihre neue Spielzeit. Das zart-poetische Stück ist ein Plädoyer für mehr Buntheit

Die drei Türen sind geschlossen. Als ein Weckton erklingt, öffnet sich die mittlere Tür, und eine ganz in Rot gekleidete Gestalt erscheint: Es ist die Schauspielerin und Puppenspielerin Helene Schmitt, die in der Uraufführung von "Der Apfelwald" in der Schauburg nun selbst zur Puppe wird. Sie rafft ihre ausladenden Röcke, tippelt energischen Schritts akkurat einen Weg entlang, der ihr in großen roten Schlaufen auf dem Bühnenboden vorgezeichnet ist. Mit ruckartig mechanischen Bewegungen platziert sie ihr rotes Tüchlein auf einer Bank, blickt erwartungsvoll nach oben. Von dort wird jetzt ein - roter - Apfel an einem Seil herabgelassen, den sie rasch ergreift und entschlossen in den Mund nimmt. Sodann macht sie sich korrekt auf ihrer Bahn trippelnd auf den Rückweg, verschwindet hinter ihrer Tür.

Kurz darauf ertönt ein weiterer Klingelton in diesem surrealen Zauberwald. Eine in Grün gekleidete Gestalt kommt aus der linken Tür. Mit grünem Stock steuert Hardy Punzel in zierlich-eleganten Sprüngen auf seiner grün vorgezeichneten Bahn ebenfalls die Bühnenmitte an, wo alsbald ein grüner Apfel über seinem Kopf herabschwebt. Schnell ergreift er ihn und zieht sich zurück. Was beim dritten Weckruf passiert, ist schon zu vermuten, das System ist klar vorgegeben. Hinter der rechten Tür erscheint eine gelbe Gestalt mit Zylinder. Gravitätisch wackelnd schreitet David Benito Garcia zur Mitte, wo er den gelben Apfel empfängt, den er schnell unter seinem Zylinder verschwinden lässt, woraufhin er sich zufrieden auf seiner gelben Bahn hinter seine Tür zurückzieht.

Drei Bewohner leben in diesem Zauberwald, mit unterschiedlichen Temperamenten und Bewegungsmustern, das führen die Darsteller ganz ohne Worte vor. Doch was passiert, wenn das abgezirkelte System durcheinandergerät, wenn die Neugierde überwiegt und es zu unverhofften Begegnungen kommt? Den Anstoß gibt Gelb, der eines Nachts aus seinem Haus schleicht und sich verstohlen einen grünen Apfel vom Seil zupft. Grün bleibt am nächsten Morgen nichts anderes übrig, als sich mit einer Leiter den roten Apfel vom Seil zu klauben. Woraufhin Rot sich kurz entschlossen den gelben Apfel vom Seil angelt.

Die Folgen dieser Durchmischung werden alsbald augenfällig: Gelb hat ein grünes Hosenbein, Rot trägt eine gelbe Strumpfhose und Grüns Stock ist so rot wie seine Schuhe. Nach der ersten Überraschung, dem Gewahrwerden des Eigenen am Fremden, werden die Drei experimentierfreudiger: Sie verlassen die ihnen farblich vorgegebenen Wege, hüpfen auf die der anderen, wechseln wagemutig ihre jeweiligen Türen. Bis schließlich jeder die Farben der anderen am Leib trägt, ein vielfarbiges Durcheinander entsteht, das sich spiegelt in den bunten Äpfeln, die zahlreich über den Boden kullern.

Das kluge und zart-poetische Stück des italienischen Theaterzauberers Daniel Gol und seiner Gruppe "Teatrodistinto", mit dem die Schauburg in die neue Spielzeit startet, ist gleich in mehrfacher Hinsicht ein Glücksgriff. Das fein durchkomponierte Bildertheater illustriert schon für die jüngsten Zuschauer nachvollziehbar das Spielzeitmotto "Freiheit", die in diesem Fall darin besteht, seiner Neugierde und Entdeckerfreude zu folgen, neue Wege und Umwege auszuprobieren.

Zugleich ist die Wahl eines Bildertheater-Stücks ohne Worte zum Spielzeit-Auftakt in Zeiten von Aerosol-Flugverhaltensanalysen natürlich ideal. Wobei die Zusammenarbeit mit Gol schon im vergangenen Jahr beschlossen wurde, als Gronemeyer ihn beim Figurentheaterfestival "Kuckuck" traf, wo er seine Produktion "Kish Kush" zeigte. Angesichts von hinter Türen verschanzten Gestalten bleibt nun zu hoffen, dass die Kunst der Realität einen Schritt voraus sein möge, in eine Zukunft, in der spontan "abfärbende" Begegnungen wieder möglich sind.

Barbara Hordych   // Süddeutsche Zeitung

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