GISELLE

Ballet phantastique in zwei Akten – 1841 / 1974  

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Ballett 
Nationaltheater  

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Information

Altersempfehlung
Ab 8 Jahren
Dauer
135 Minuten
Pause
inklusive 30 Minuten Pause
Komponist
Adolphe Adam  
Bühne
Nationaltheater  

Beschreibung

Beschreibung

Giselle gilt als das romantische Ballett schlechthin: Ein idyllisch scheinendes, ländliches Dorfleben bei Tag und parallel dazu eine unheimliche Geisterwelt, die zur romantischen Nachtseite gehört, prägen als Motive das Bühnengeschehen. Der Choreograph Peter Wright inszenierte die Produktion 1974 für die Münchner Compagnie und folgte dabei der Überlieferung des klassischen Schrittmaterials von Marius Petipa, Jean Coralli und Jules Perrot. Es ging Peter Wright nicht um eine Rekonstruktion des Originals von 1841 an, sondern er passte Inszenierung und Choreographie der Technik heutiger Tänzerinnen und Tänzern an. Das Resultat ist eine Giselle, die sich zum einen ganz dem Geist der Romantik verpflichtet fühlt und zum anderen die schauspielerischen Fähigkeiten sowie die Virtuosität des Klassischen Balletts in den Vordergrund stellt.
Giselle ist ein junges Mädchen, das sich zuerst verliebt, dann dem Wahnsinn verfällt und sich schließlich in eine „Wili“ verwandelt. Die Handlung des Balletts geht auf einen Text Heinrich Heines zurück, der die Sage von diesen nächtlichen Elementargeistern folgendermaßen berichtet: „Die Willis sind Bräute, die vor der Hochzeit gestorben sind. Die armen jungen Geschöpfe können nicht im Grabe ruhig liegen, in ihren toten Herzen, in ihren toten Füßen blieb noch jene Tanzlust, die sie im Leben nicht befriedigen konnten, und um Mitternacht steigen sie hervor, versammeln sich truppenweis an den Heerstraßen, und wehe dem jungen Menschen, der ihnen da begegnet! Er muß mit ihnen tanzen, sie umschlingen ihn mit ungezügelter Tobsucht, und er tanzt mit ihnen, ohne Ruh und Rast, bis er tot niederfällt.“

Inhalt

1. Akt
Herzog Albrecht kommt von seinem Schloss in ein Dorf, wo er in einer Hütte seinen Mantel und sein Schwert versteckt, um seine adelige Herkunft zu verheimlichen. Er hat sich in Giselle, ein Weinbauernmädchen, verliebt, das ihn für einen Bauernjungen namens Loys hält.
Giselles Mutter Berthe ist misstrauisch und hofft, dass ihre Tochter den Förster Hilarion heiraten wird, der Giselle aufrichtig liebt. Hilarion tritt zwischen Giselle und Albrecht, erinnert Giselle daran, dass sie ihm versprochen ist und warnt sie vor Loys. Giselle jedoch vertraut Loys (Albrecht) und will von Hilarions Vorwürfen nichts hören, obgleich sie weiß, dass auch ihre Mutter eine starke Abneigung gegen Loys hegt. Glücklich geht Giselle zum Erntefest.
Von fern ertönen Jagdhörner. Wilfried, Albrechts Vertrauter, eilt herbei und warnt den Herzog vor der nahenden Jagdgesellschaft. Hilarion beobachtet die beiden und als sie sich entfernt haben, betritt er die Hütte, entdeckt Mantel und Schwert und erkennt, dass Loys ein Adeliger ist. Die Jagdgesellschaft erscheint, in ihrer Mitte der Herzog von Kurland und seine Tochter Bathilde. Beide weilen zurzeit auf Albrechts Schloss, wo die Hochzeitsvorbereitungen getroffen werden, denn Bathilde ist mit Albrecht verlobt. Von der Jagd etwas ermüdet, bitten sie Berthe um eine Erfrischung. Giselle tanzt für Bathilde und von der Anmut des Bauernmädchens entzückt, schenkt ihr Bathilde eine Kette. Berthe bittet die Gäste ins Haus. Der Herzog von Kurland hängt sein Jagdhorn an den Türrahmen. Hilarion vergleicht die Wappen auf des Herzogs Horn und Albrechts Schwert und erkennt jetzt die wahre Identität Albrechts. Auf dem Höhepunkt des Erntefestes entlarvt Hilarion vor allen Anwesenden Loys. Giselle will Hilarion zunächst nicht glauben, doch als Bathilde Albrecht als ihren Verlobten vorstellt, erleidet Giselle einen Schock. In einem Zustand geistiger Umnachtung durchlebt sie tänzerisch nochmals ihre Liebe zu Albrecht, ergreift sein Schwert und ersticht sich.

2. Akt
Hilarion hält Totenwache an Giselles Grab, das sich auf ungeweihtem Boden im Forst, nahe einem See, befindet. Es ist zwölf Uhr Mitternacht, die Stunde der Wilis, der Geister jener jungen Mädchen, die zu Lebzeiten von ihren Verlobten verlassen wurden und vor der Hochzeit gestorben sind. Jetzt nehmen sie Rache an allen Männern, die sich in ihren nächtlichen Bereich verirren. Die Männer werden von ihnen gezwungen, sich zu Tode zu tanzen. Myrtha, ihre strenge Königin, erscheint und ruft die Wilis. Dann wird Giselle aus ihrem Grab gerufen, um die Weihe als neue Wilis zu erhalten. Albrecht betritt die Lichtung, legt Blumen auf Giselles Grab und hat eine Vision von Giselle. Die Wilis jagen Hilarion und zwingen ihn bis zur Erschöpfung zu tanzen. Hilarion stürzt in den See und ertrinkt. Ihr nächstes Opfer ist Albrecht. Giselle versucht, Albrecht in den Schutzbereich ihres Grabkreuzes zu bringen, doch Myrthas Macht ist größer. Albrecht muss tanzen. Giselle steht ihm bei und will ihn bis zum Sonnenaufgang am Leben erhalten, doch von Stunde zu Stunde lässt Albrechts Kraft nach. Als er sich schon verloren glaubt, dämmert endlich der Morgen. Die Macht der Wilis erlischt. Die Geistermädchen verschwinden. Albrecht ist gerettet. Giselle nimmt von ihm Abschied. Verzweifelt bleibt Albrecht allein zurück.

Kritiken

Maximale Punktzahl

Den Auftakt in die Jubiläumssaison seines 30-jährigen Bestehens hatte sich das Bayerische Staatsballett anders vorgestellt, nach all den unvorhersehbaren pandemischen Hindernissen kann es – und das ist das Wichtigste – seit Anfang September aber immerhin überhaupt wieder spielen. Den geltenden Vorschriften geschuldete Anpassungen sind für jede Vorstellung vorläufig zwar nötig, sowohl das BSB als auch das Publikum sind aber heilfroh, dass sich die Bühne des Nationaltheaters endlich wieder mit tänzerischem Leben füllt. Mit Tschaikowskys „Schwanensee“ war man zuvor in die neue Spielzeit gestartet, mit „Giselle“ wurde zum 159. Mal seit der 1974er-Premiere und in dritter Aufführung seit dem Neustart eines der großen klassischen Handlungsballette gegeben. Hatte in „Schwanensee“ leider auch musikalisch gekürzt werden müssen, ließ sich dies zumindest bei „Giselle“ glücklicherweise vermeiden.

Künstlerischer Glücksfall

Ohne Beschränkungen kommt aber auch dieses von Haus aus eher bildgewaltige „Ballet phantastique“ nicht aus. Nicht vollzählig kann etwa die Geisterwelt der Wilis im zweiten Akt antreten, wie in „Schwanensee“ sind derzeit lediglich reduzierte Gruppenszenen möglich. Nur 12 statt der etatmäßigen 18 Tänzerinnen führen die kunstvollen Formationen hier aus – auch in „Unterzahl“ erzielen diese Bilder aber maximale ästhetische Punktzahl. Und trotz personell ebenfalls dezimierter Jagd- bzw. Festgesellschaft vermitteln auch diese Episoden ein lebendiges, buntes Flair. Dass all das unter den gegebenen Umständen so gut funktioniert, ist u.a. ein Verdienst des leitenden Ballettmeisters Thomas Mayr, der die choreographischen Abläufe situationsbedingt angepasst und dafür eigens Grünes Licht von Sir Peter Wright, dem Schöpfer der vorliegenden, überarbeiteten Originalversion eingeholt hat. Dabei hatte letzterer dieses Stück nie selbst getanzt, als er Mitte der 1960er-Jahre in seiner Zeit als Ballettmeister beim legendären Stuttgarter Ensemble um John Cranko von diesem mit der Neuinszenierung beauftragt wurde. Nach eigenen Worten zum Gähnen langweilig hatte Wright „Giselle“ bis dahin vielmehr gefunden. Im Nachhinein ein künstlerischer Glücksfall, dass Cranko Wrights eigenen Zweifeln zum Trotz auf diesem Projekt bestand – die daraus entstandene Fassung hat es mit Recht zum international etablierten Dauerbrenner gebracht. Auch sonst ist im Übrigen die ganz überwiegende Anzahl der gängigen Versionen eng an die (zunächst 1887 von Marius Petipa überarbeitete) Urfassung von Jean Coralli und Jules Perrot angelehnt. Als vermutlich einziges Haus hat das BSB seinem Publikum in der Vergangenheit den Luxus geboten, den direkten Vergleich mit einer zeitgenössischen Version des schwedischen Choreographen Mats Ek zu ziehen.

Solo im Mondlicht

Eine Vielzahl von Rollendebüts ist an diesem Abend zu erleben, erstmals tanzen Maria Baranova (Giselle) und Yonah Acosta (Herzog Albrecht) die Hauptrollen – und das sehr erfolgreich. Schon im ersten gemeinsamen Pas de deux harmonieren sie mit fein geschliffener Synchronität in Bewegungsabläufen und Schrittfolgen, im großen Pas de deux des weißen Akts bezaubern sie mit wunderbar schwerelos dahingleitenden Hebefiguren. Auch in ihren Soli überzeugen beide voll und ganz, Baranova als Anmut in Person, die gleichwohl bis in Gestik und Mimik hinein auf eine nicht ausschließlich naive Darstellung ihrer Figur setzt, sondern sehr wohl auch in der Lage ist, ihren schwärmerischen Neigungen selbstbewussten Ausdruck zu verleihen. Acosta besticht beispielhaft mit seinen landungssicher ausgeführten fulminanten Sprungserien im zweiten Akt. Emilio Pavan gibt mit resoluter Attitüde den großen, tänzerisch jederzeit versierten, bis zuletzt beharrlichen Kontrahenten. Aus dem Pas de six im ersten Akt ragt das Solo-Paar mit Elvina Ibraimova (gleichfalls im Rollendebüt) und einem in puncto Technik und Ausdruck gewohnt verlässlichen Jonah Cook heraus. Ebenfalls erstmals ist Madison Young als Myrtha zu sehen, die sie auf Anhieb – besonders in ihrem ausladenden, in stimmungsvolles Mondlicht getauchten Solo – mit unnachgiebiger Strenge und souveräner Körperspannung charakterisiert. Auch das Corps de Ballet zeigt sich bestens aufgelegt, exemplarisch mit mit symmetrischer Dreiviertel-Grazie. Von Anfang an illustriert das Orchester unter Leitung von Valery Ovsyanikov die Geschichte mit im Schlagwerk rhythmisch zupackenden Impulsen und lässt Adolphe Adams Musik über weite Strecken klangfarblich adäquat leuchten. Lediglich Mitte des zweiten Akts lässt die Homogenität der Streicher kurzzeitig nach. Alles in allem liefert diese „Giselle“ aber in jedem Fall den Beweis: Hochkarätiges Ballett ist auch im künstlerischen Ausnahmezustand möglich.

Thomas Gehrig   // Klassik.com

Bewertungen

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Mitwirkende

Produktionsteam  

Choreographie
Peter Wright  
Choreographie
Jean Coralli  
Choreographie
Jules Perrot  
Choreographie
Marius Petipa  
Bühne
Peter Farmer  
Kostüm
Peter Farmer  
Musikalische Leitung
Robertas Šervenikas  

Weitere Hinweise

Hinweise
Ensemble des Bayerischen Staatsballetts
Bayerisches Staatsorchester